Eine kurze Geschichte der Donau

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Die Geschichte der Donau reicht bis ins obere Miozän (vor ca. 5–10 Millionen Jahren) zurück. Zu dieser Zeit war die Alpenbildung infolge der Kollision der europäischen mit der afrikanisch-adriatischen Platte weit fortgeschritten. Nördlich des sich hebenden Gebirges hatte sich das Molassebecken (Mehr erfahren) gebildet – eine Senke, die sich mit Sedimenten aus den Alpen füllte (Mehr erfahren).

Einen weiteren Beitrag zu Flüssen finden Sie unter Zeitlichkeit und Lebendigkeit von Flüssen.

Als die Donau in den Alpen entsprang

Im Gebiet des heutigen Schweizer Mittellandes und des süddeutschen Alpenvorlands kam es zu weiteren Hebungen, die die Flussläufe und deren Einzugsgebiete immer wieder veränderten. Hier entwickelten sich die Vorläufer der heutigen Systeme von Rhone, Aare, Doubs, Rhein und Donau.

Mit der Hebung des Jura-Gebirges (Mehr erfahren) (ca. 7–3 Mio. Jahre vor heute) entstand eine Barriere, die den Abfluss nach Osten umlenkte – die Urdonau entstand. Ihr Ursprung lag vermutlich im Aarmassiv (Mehr erfahren); auch die obere Rhone könnte ihr zugeflossen sein.

Ein glitzernder Gebirgsbach fließt vom Betrachter weg, direkt ins Gegenlicht der tief stehenden Nachmittagssonne. Die Wasseroberfläche reflektiert das Licht und lässt den Bach wie ein silbernes Band durch die alpine Landschaft ziehen. Im Hintergrund öffnet sich ein Tal mit einem See, der ruhig zwischen den Berghängen liegt. Dahinter ragt ein mächtiges Bergmassiv mit Gletscherfeldern auf; einzelne Gipfel zeichnen sich scharf gegen den hellen Himmel ab.
Der Quellfluss der Donau lag vor Millionen Jahren vermutlich in der Gegend, in der heute die Aare entspringt. So sieht es heute oberhalb des Oberaarsees in den Berner Alpen aus. In der Mitte des Fotos der Oberaarsee mit dem Oberaargletscher dahinter. Rechts von der Scharte das Oberaarhorn (3631 m) und daneben rechts (teils in Wolken) das Finsteraarhorn (4274 m). Während des oberen Miozän und im frühen Pliozän waren die Alpen bereits als Hochgebirge ausgebildet, auch wenn sich das Relief der Landschaft im Detail zu dem von heute unterschieden haben mag. Aber vermutlich gab es damals auch auf dieser Höhe noch keine Gletscher.

Bedeutende Zuflüsse waren der Alpenrhein, der damals noch zur Donau floss (Mehr erfahren), sowie die weiter nördlich im Schwarzwald entspringende „Feldberg-Donau“.

Im jüngeren Pliozän (5–2,6 Mio. Jahre) veränderten weitere Hebungen das Einzugsgebiet der Donau. Vor etwa 3,5 Mio. Jahren begann die Aare das südliche Molassebecken stärker zu erodieren. Durch die Hebung des Schwarzwalds und seines südöstlichen Vorlandes wurde ihr ursprünglich nach Nordosten gerichteter Lauf blockiert. Bei Waldshut fand sie einen neuen Abfluss nach Westen, vereinigte sich mit dem Ur-Doubs und mündete über die Rhone ins Mittelmeer – das sogenannte Aare-Sundgau-System (auch bekannt unter dem Namen Aare-Doubs).

Die Ur-Donau verlor weite Teile ihres Einzugsgebiets. Hauptzuflüsse wurden nun der Alpenrhein und die Feldberg-Donau, die zum Quellfluss der Donau wurde.

Die Donau im Pleistozän

Mit dem Beginn des Pleistozäns vor 2,6 Mio. Jahren änderte sich der Verlauf erneut: Durch die weitere Absenkung des Oberrheingrabens floss die Aare nun nach Norden zum Rhein – und damit zur Nordsee.

Während bis dahin vor allem tektonische Prozesse die Flussverläufe prägten, waren es nun – ab dem Beginn der Glazial-Interglazial-Zyklen (Mehr erfahren) – klimatisch bedingte Veränderungen. Der im Alpenvorland entstandene Rheingletscher staute vor etwa 1 Mio. Jahren westliche Zuflüsse wie die Thur. In Kaltzeiten floss das Schmelzwasser über die Wasserscheide ins Aare-Rhein-System, in Warmzeiten war der Abfluss zur Donau teils wieder möglich.

Mit dem Einschneiden der Schmelzwasserrinnen und letzten tektonischen Bewegungen verlagerte sich der Alpenrhein dauerhaft nach Westen. Vor 450.000 Jahren versiegte der Donauzufluss endgültig. Der Alpenrhein gehörte nun fest zum Aare-Rhein-System. Die Wasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer verschob sich weiter nach Osten; die Feldberg-Donau blieb als wichtigster Donauquellfluss bestehen.

Die Entstehung der Wutachschlucht

Eine besonders „einschneidende“ Veränderung ereignete sich vor rund 18.000 Jahren während der letzten großen Vereisung. Die Wutach, ein Nebenfluss des Hochrheins, grub sich durch rückschreitende Erosion nach Norden in Richtung der Feldberg-Donau. Dieser Prozess wurde durch das starke Gefälle der Wutach begünstigt, da der Hochrhein schon tief eingeschnitten war. Als die Erosionsfront die Wasserscheide erreichte, kam es – verstärkt durch aufgestautes Schmelzwasser – zu einem plötzlichen, möglicherweise nur Wochen oder Monate dauernden Durchbruchsereignis. Die Feldberg-Donau wurde in das Wutachtal und damit nach Süden zum Hochrhein umgeleitet. Es entstanden die fast 200 Meter tiefe Wutachschlucht und das charakteristische „Wutachknie“ bei Blumberg. Dieses Panoramafoto, aufgenommen vom Buchberg oberhalb des Wutachknies, vermittelt einen anschaulichen Eindruck der topografischen Gegebenheiten in dieser Region (Mehr erfahren).

Dieses Ereignis könnte sich bereits in Anwesenheit früher Menschen abgespielt haben (Mehr erfahren).

Heute entspringt die Donau in der Nähe von Furtwangen auf rund 1100 Metern Höhe auf einer Hochfläche des mittleren Schwarzwaldes. Hier ein bei Nacht aufgenommenes Foto von diesem abgelegenen Ort:

The northern night sky over a location in the Black Forest. A group of trees dominates the foreground as a dark silhouette. Above it, the star-filled sky with the band of the Milky Way.
Heute liegt die Donauquelle nicht mehr im alpinen Hochgebirge, sondern an diesem idyllischen Ort zwischen den sanften Hügeln des mittleren Schwarzwaldes (Kolmenhof in der Nähe von Furtwangen).

Auf dem Foto, das an einer Sommernacht in nördlicher Richtung aufgenommen wurde, ist das Band der Milchstraße zu sehen, während die Andromedagalaxie als nebliger Fleck oben rechts erscheint. Diese Galaxie ist das am weitesten von der Erde entfernte Objekt, das wir mit bloßem Auge wahrnehmen können, und befindet sich etwa 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt. Das bedeutet, dass das Licht, das wir heute von diesem Sternensystem sehen, ausgesendet wurde, lange bevor der Quellfluss der Donau hier an diesem idyllischen Ort im Schwarzwald lag (schauen Sie sich das Foto in größerer Auflösung an).

Zurück zur Wutach: Auch im Holozän schnitt sich die Wutach weiter in das Gestein ein – ein Prozess, der bis heute anhält. Dieser Fluss wird uns im Laufe dieses Textes visuell begleiten. Sie ist einer der wenigen noch verbliebenen Wildflüsse Deutschlands, und an ihr können wir besonders schön die lebendige Dynamik eines Fließgewässers erleben. In ihrem oberen Verlauf hat sich dieser Fluss in eine Folge unterschiedlich alter Gesteinsschichten eingegraben (Mehr erfahren).

Ein breiter, wasserreicher Fluss zieht sich in einer weiten Kurve durch ein bewaldetes Tal. Die Ufer sind von dichtem, naturbelassenem Bannwald gesäumt. Das Wasser wirkt bräunlich gefärbt – vermutlich durch mitgeführte Sedimente. Im Vordergrund ragen moosbedeckte Äste von Bäumen ins Bild und geben dem Bild so eine räumliche Tiefe.
In der Gauchachschlucht, einem Seitental der Wutach, im Frühjahr. Der wilde Wald mit den vermoosten Baumstämmen zeugt von der unbeeinflussten Entwicklung im Naturschutzgebiet.

Und die zukünftige Entwicklung?

Wir haben gesehen, dass das Einzugsgebiet des Donau-Flusssystems im Laufe der Zeit immer kleiner geworden ist und sich die Wasserscheide zwischen Nordsee und Schwarzem Meer mehr und mehr nach Osten verlagert hat. Diese Entwicklung scheint nicht abgeschlossen und auch in Zukunft weiter voranzuschreiten.

Eines der Phänomene, das diese Entwicklung sichtbar werden lässt, ist die Donauversickerung bei Immendingen. Das dort der Donau verlustig gehende Wasser fließt unterirdisch durch Karstgestein zum Aachtopf, wo es als Quelle wieder an die Oberfläche tritt. Von dort fließt es als Radolfzeller Ach zum Bodensee. Das Phänomen verdeutlicht, wie der Rhein der Donau durch sein tiefer gelegenes Einzugsgebiet zunehmend Wasser abzieht – ein Prozess fortschreitender Flussanzapfung.

Außerdem kann man davon ausgehen, dass sich ein derzeit zur Wutach entwässernder Bach bei Blumberg (Mehr erfahren) – das Schleifenbächle – durch rückschreitende Erosion allmählich (durch das Aitrach-Tal) einen Weg in Richtung Nordosten zum Donautal graben wird, so dass die Donau in ferner Zukunft wahrscheinlich bei Geisingen zum Rhein hin abgelenkt werden wird (Mehr erfahren). Spätestens dann müsste für die Stadt Donaueschingen ein neuer Name gefunden werden. …

Setzt sich diese Entwicklung fort, könnte sich der Ursprung der Donau weiter nach Osten verlagern.

Der Inn – in den Alpen entspringend und bei Passau in die Donau mündend – könnte dann als längster Zufluss zum wichtigsten Quellfluss der Donau werden, gemessen von der Mündung ins Schwarze Meer (Mehr erfahren).

Das käme einer Rückkehr zu den Verhältnissen im Pliozän gleich, als die Aare-Donau ihren Ursprung ebenfalls in den Alpen hatte. Ein interessanter Gedanke.

Einen wichtigen Aspekt sollten wir hierbei nicht vergessen: Mit der Erwärmung der Erdklimas werden die meisten Gletscher der Alpen in einigen wenigen Jahrzehnten verschwunden sein (Mehr erfahren), und eine Rückkehr zu einem kühleren Klima ist auf Jahrtausende nicht absehbar (Mehr erfahren). Daher könnte es auch sein, dass die Region der Alpen als Quellregion der Donausystems ihre Bedeutung verliert. Der Klimawandel verändert die Wasserverfügbarkeit in den Alpen grundlegend: Die Gletscher schmelzen rapide, und ihr Beitrag zur Donau nimmt bereits ab.